Buch von Sylvia Mikulik (Model/Texte) und Ulf Leuteritz (Fotografie/Gestaltung)


Zugegeben, der Titel des Buches mag verwirrend anders sein, oder gar grammatikalisch falsch. Er zeugt von der Suche auf der sich die Protagonistinnen befinden, der Suche nach Identifikation, aber vor allem der Suche nach sich selbst, oder der noch nicht gefundenen Antwort auf die Frage: 


Wer bin ich?


Auch sonst ist das Buch wahrscheinlich anders als üblich, anders als man erwarten kann. Das Buch ist ein Bildband mit vielen Texten oder ein reichlich bebildertes Geschichtenbuch. Wir selbst sehen es als eine Art Reiseführer, der Dich mitnehmen soll auf die Reise ins Innere der menschlichen Seele. Du wirst unterwegs womöglich lachen, grübeln, lieben und leiden, denn in manchen seiner vielen Seiten hängen getrocknete Tränen, stecken spitze Scherben und blutige Dornen. Leg es dann ruhig erst einmal zur Seite und schlage es später wieder auf, denn wer auf den Rändern der Seele eines anderen Menschen spazieren geht, erhascht dann und wann einen ungefilterten Blick ganz tief hinein... 


Hardcover - 240x320mm - 272 Seiten Schwarzweiß - Offsetdruck in Ultra HD Print auf Sappi Magno Natural 170g/qm



The Puzzle



Wenn dein Leben einem Puzzle gleicht,

Wie viele Teile hat es?

Wieviele davon hast du schon zusammengesetzt?

Wie oft hast du dabei von vorne begonnen?

Hast du mit dem Rand begonnen oder in der Mitte?

Wolltest du es zwischendurch zurück in die Schachtel legen? Jemand anderen bitten, es für dich zu lösen?

Wie oft hast du versucht, ein Teil einzufügen, dass gar nicht zu deinem Puzzle gehört?

Hast du dann probiert, es passend zu machen? Hast du absichtlich Teile aussortiert?

Hattest du Zeiten, in denen sich alles mühelos gefügt hat?

Oder hast du meist jahrelang mit einem winzigen Abschnitt verbracht?

Und schließlich, Wirst du zufrieden sein, wenn sich die letzte Lücke schließt?

Wird dir Dein Motiv gefallen?

Oder hättest du beim nächsten Mal ein anderes gewählt?



On being Francesca


In ihrem Inneren hatte sie eine Festung abseits des Lichtes erbaut. Darin lebten ihre Gedanken. Im Laufe ihres Lebens hatte sie einigen Menschen den Zutritt dazu gewährt, doch immer wieder feststellen müssen, dass es den meisten zu anstrengend war, sich mit ihrer Gefühlswelt auseinander zu setzen. Es erdrückte sie, machte sie zu einem farblosen Wesen, ihren Blick leer, ihre Mimik starr. Doch das gealterte Mauerwerk in ihr arbeitete stetig an seinem Verfall. Die verschobenen Konstruktionen der Wände zeigten zunächst schmale Risse, aus denen bereits das Licht dringen konnte. Sie wusste, sie würde ihre Festung verlassen müssen oder mit ihr untergehen. Doch, wollte/konnte sie den Sprung von der äußeren Mauer wagen? Den Sprung in ihren Traum? In diesem Moment der Erkenntnis ließen sie ihre Erinnerungen zweifeln, ja, entblößten vor ihr eine gar glänzende Vergangenheit. Der Blick zurück ließ ihre Augen salzig werden. Gibt es ein Bleiben im Gehen? Wo soll ich hin? Was wird aus mir? Sie schloss ein paar von den warmen, goldenen Erinnerungen in ihr Herz ein und begann danach ganz behutsam, sich von all ihrem Ballast zu befreien, von Zweifeln, von Unsicherheit und Selbsthass, von Stummheit und Trägheit. 

Ihr neues Leben lag ausgebreitet vor ihr - wie ein Buch mit leeren Seiten, dass nur darauf wartete, mit wunderschönen neuen Bildfragmenten gefüllt zu werden, von Kunst, die sie noch erschaffen würde, von Menschen, die sie noch treffen würde und von entlegenen Orten, die sie noch bereisen würde. Sie hatte verstanden, dass es manchmal einfach an der Zeit war los zu gehen, auch wenn das eigentliche Ziel noch im Dunklen lag. 

Plötzlich fühlte sie sich federleicht und verließ ihr altes Leben...


Blink


„Wir sind nur ein Augenblick,

ein winziger Augenblick im Großen und Ganzen.“, flüsterte sie 

und ihr Atem hing wie eine kleine Wolke in der Luft. 

„Entstanden aus der Hoffnung auf Bedeutung und Unendlichkeit.“ 

„Und danach?“, fragte er. „Vergangen?“

Traurig blickte er in ihre Augen, in denen sich der Himmel spiegelte. 

„Dann sag mir, wie ich dich in der Zeit halten kann. 

Zwischen Tag und Nacht. Zwischen Wirklichkeit und Traum.“ 

„Wir finden uns wieder.“, entgegnete sie.

„Wir sind ein Teil des ewigen Kreislaufes im Strom der Zeit. 

Nur, weil wir unsere Form verändern, sind wir nicht verschwunden. 

Du spürst mich im Boden unter deinen Füßen,

im ersten warmen Sonnenstrahl des Frühlings,

du hörst mich im Rauschen des Meeres,

in der Melodie deines Lieblingsliedes,

siehst mich im Funkeln der Sterne,

im Leuchten eines Regenbogens.“


Wir sind nur ein Augenblick und existieren doch für immer.